Den Traumjob finden – oder aufgeben?
Der Traumjob als großes Karriereziel verspricht Selbstverwirklichung, persönliche Erfüllung und eine sinnvolle Tätigkeit. Doch ist das Konzept des Traumjobs in unserer schnelllebigen Geschäftswelt überhaupt noch erstrebenswert? In der ersten Episode von Crack Your Career erklärt uns Jazzy Jordz, wie (und warum) wir unseren Traumjob aufgeben sollten.
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Die Idee des Traumjobs begleitet und bereits seit der frühen Kindheit. „Was willst du später mal werden?“ – diese Frage dürfte wohl jeder von uns als Kind unzählige Male beantwortet haben. Die typischen Antworten: Astronaut:in, Polizist:in, Filmstar.
Wenige Jahre später schlägt dann die Realität mit aller Härte zu. Du triffst erste weitreichende berufliche Entscheidungen, indem du Fächer an der Schule auswählst, ein Studium an der Hochschule beginnst und im Rahme von Praktika und Werkstudententätigkeiten Erfahrungen sammelst. Der Traum vom Leben als Weltstar oder im Dienst der Gesellschaft ist an diesem Punkt meist schon längst ausgeträumt.
Zu Beginn unserer Karriere flammt der Wunsch nach dem einen, erfüllenden Traumjob dann wieder voll auf. Unsere Gesellschaft hat die Vorstellung, dass es für jede Person den einen perfekten Job gibt, in dem wir uns selbst verwirklichen können und unsere Berufung finden. Doch ist diese Idee heute überhaupt noch zeitgemäß? Nein, sagt Jazzy Jordz und sagt uns mit aller Härte ins Gesicht: „Killy your dream job“.
Der Traumjob hat sich ausgeträumt – aber warum eigentlich?
Den Traum vom perfekten Job einfach aufgeben? Diese Idee klingt auf den ersten Blick wenig zielführend, schließlich ist unsere gesamte Karriereplanung darauf ausgerichtet, eines Tages unseren Traumjob zu finden.
Jazzy Jordz stellt in der ersten CyC-Episode das gesamte Konzept des Traumjobs infrage: Was wäre, wenn wir gar nicht den einen Traumjob haben, sondern gleich mehrere? Oder besser: Eine ganze Traumreise, eine Traumkarriere? Etwas, das viel umfassender und weitreichender ist als nur ein einzelner Job?
Zugegeben: Die Idee, den eigenen Traumjob ad acta zu legen, dürfte im ersten Moment für die wenigsten Berufseinsteiger attraktiv sein. Doch die Forderung nach einer neuen, ganzheitlichen beruflichen Zielvorstellung ist gut begründet. Hier sind fünf weit verbreitete, aber komplett falsche Einstellungen über den Traumjob:
1. Annahme: Es gibt immer nur eine richtige Entscheidung.
Falsch: In jeder Entscheidungssituation gibt es eine ganze Reihe an „richtigen“ Entscheidungen. Viele Entscheidungen werden dabei sogar von Faktoren vorgegeben, auf die wir gar keinen Einfluss haben.
2. Annahme: Du kennst alle Einflussfaktoren auf deine Entscheidung.
Falsch: Unvorhergesehene Ereignisse sind fester Bestandteil einer jeden Karriere. Du kannst also nie alle Einflussfaktoren kennen.
3. Annahme: Die einzige, richtige Entscheidung zu treffen, ist für unser gesamtes Lebensziel von entscheidender Bedeutung.
Falsch: Deine Ziele ändern sich während deines Lebens ständig.
4. Annahme: Eine gute Karriere baut auf den Skills auf, die du dir in der Vergangenheit aneignen konntest.
Falsch: Eine gute Karriere besteht aus lebenslangem Lernen und der Fähigkeit, sich immer wieder an neue Bedingungen anzupassen.
5. Annahme: Deine Karriere ist von Tag eins an vorgezeichnet.
Falsch: Deine Karriere wird ständig von deiner persönlichen Umgebung, dem Zeitgeist und anderen Faktoren beeinflusst.
Die Definition des „einen Traumjobs“ wird also den vielen unvorhergesehenen Wendungen in unserem Leben nicht gerecht. Studien wie die von Bright, Pryor, Harpham, Scott und Hatalla zeigen, dass der Werdegang von rund zwei Drittel der Studierenden und Angestellten von solchen unvorhergesehenen Ereignissen beeinflusst wurde. Dabei handelt es sich keineswegs nur um berufliche Ereignisse, sondern auch um gesundheitliche, familiäre und persönliche Einflüsse.
Welche Schlüsse können wir nun aus der Erkenntnis ziehen, dass die Idee des einen, erfüllenden Traumjobs durch die unzähligen Variablen des Lebens eigentlich hinfällig ist? Nun, wir müssen lernen, unsere Karriere in einer unsicheren und ständig wechselnden Umgebung mit unvorhergesehenen Ereignissen aufzubauen.
Life Design statt Traumjob
Im beruflichen Alltag müssen wir lernen, mit unvorhergesehenen Ereignissen, Rückschlägen und externen Faktoren fertig zu werden. Im Wesentlichen sind es zwei Dinge, die uns dabei helfen:
- Lebenslanges Lernen
- Lebenslange Karriereentwicklung
„Lebenslang“ ist hier tatsächlich wörtlich zu nehmen: Wenn du also die Uni verlässt, stehst du erst ganz am Anfang des Lernprozesses und nicht etwa schon am Ende.
In der beruflichen Praxis möchten wir in der heutigen Zeit neben dem ganzen Lernen natürlich auch eine gesunde Work-Life-Balance aufrechterhalten. Der Schlüssel zum Erfolg: Job Crafting. Unter diesem Oberbegriff verstehen wir Führungsmethoden, die es den Mitarbeitenden selbst überlassen, ihre Rolle zu finden, ihre Stärken zu entwickeln und ihre Aufgaben zu definieren.
Grundsätzlich müssen wir uns damit anfreunden, dass wir den einen Traumjob nicht finden werden. Vielmehr sollten wir das hinfällige Konzept des Traumjobs durch die Philosophie des Life Designs ersetzen. Life Design heißt: Gestalte deinen Karriereweg selbst und bleibe dabei stets flexibel und agil. Das Konzept des Life Designs geht auf Savickas zurück, der auch in scheinbar chaotischen Karrierewegen einen kohärenten Lebensweg erkennt.
Wir müssen uns also davon verabschieden, unsere Karriere als eine Reihe an Beförderungen und Gehaltserhöhungen zu begreifen. In einer so schnelllebigen Gesellschaft gleichen viele Karrieren eher einem Flipper-Automaten, bei dem uns ständig unerwartete Rückschläge und Veränderungen aus der Bahn werfen.
Diese Idee hat auch schon Professor Andreas Hirschi geprägt: Er fordert, das Konzept des Traumjobs durch eine flexible Lebensvorstellung zu ersetzen, bei der wir immer für alle Möglichkeiten offenbleiben. Durch diese Offenheit können wir Jobs und Chancen ergreifen, von denen wir vorher noch nicht einmal wussten, dass sie existieren.
Der Traumjob ist also tot – was nun?
Wir haben gelernt: Den Traumjob zu finden, ist weder ein realistisches noch ein erstrebenswertes Ziel. Vielmehr sollen wir uns selbst kennenlernen, offen für unerwartete Möglichkeiten und Chancen sein und unser ganz eigenes „Life Design“ verfolgen.
Doch wie gelingt das in der Praxis? Den Rucksack packen und in den Dschungel reisen, um etwas Neues kennenzulernen? Gute Idee, aber es geht auch anders: Die nächste Karrierechance ist vielleicht bereits in greifbarer Nähe, du musst sie nur erkennen. Experimentiere im Berufsalltag, probiere neue Methoden aus und versuche, deine eigene Persönlichkeit besser kennenzulernen.
Hier sind unsere wichtigsten Tipps, um das „Unplanbare“ zu planen:
- Unterhalte dich immer wieder mit neuen Leuten
- Integriere das „Lebenslange Lernen“ in deinen Alltag
- Probiere neue Dinge aus
- Such dir Projekte und committe dich zu diesen Projekten
- Ergreife die Initiative
Die größte Herausforderung im Konzept des Life Designs ist es wohl, in einer chaotischen Umgebung die notwendige Orientierung zu finden. Life Design heißt: Heiße das Unbekannte willkommen und lerne, mit der Ungewissheit umzugehen.
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