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Sprachtechnik fürs Vorstellungsgespräch: Wie lassen sich Füllwörter vermeiden?

Immer wieder fallen sie uns auf und gehen uns auf die Nerven. Im Freundeskreis, im Büro, beim Streaming ... und leider manchmal auch beim Vorstellungsgespräch. Ob „äh“, „nun“, „halt“, „quasi“, „irgendwie“ oder „genau“: Wo kommen diese nervigen Füllwörter her? Wie können wir unsere Sprachtechnik vor einem Vorstellungsgespräch üben und Füllwörter vermeiden, damit wir einen guten Eindruck hinterlassen? Wir helfen dir weiter.

26. April 2023 · 1 min Lesezeit

Natacha Picajkic

Als Erstes: Entspann dich! Alle Menschen nutzen Füllwörter und haben ihre sprachlichen Eigenheiten. Wenn deine Kollegin dich damit nervt, dass sie jeden zweiten Satz mit „normalerweise“ beginnt“, gehst du ihr vielleicht zum Ausgleich damit auf die Nerven, dass du immer „ehrlich gesagt ...“ statt einfach nur „ja“ sagst.

Wie sind wir an diesen Punkt gekommen? Ganz einfach: Durch Nachahmung. So erklärt es uns Richard Huyghe, Linguistikprofessor an der Universität Freiburg: „Eines der grundlegenden Ziele von Sprache besteht darin, mit dem Gegenüber zu kooperieren. Diese Bereitschaft zur Kooperation zeigt sich durch eine Form von Empathie und Nachahmung. Durch sprachliche Angewohnheiten [...] schaffen wir uns einen gemeinsamen Code“. Füllwörter sind also eine Reaktion auf ein starkes Bedürfnis nach Geselligkeit, Gemeinsamkeiten und Zugehörigkeit, wie uns Linguistin und Dramaturgin Julie Neveux erklärt.

Ein zweiter Aspekt ist der Rhythmus. Richard Huyghe ergänzt: „Wörter, die wir als Füllwörter wahrnehmen, haben gleichzeitig die Funktion, dem Gesagten einen Rhythmus zu geben. Mit ihnen können wir Aussagen einleiten, betonen, wiederaufnehmen oder unsere Zustimmung zeigen.“ Oft geht es dabei auch um Ausdrücke wie „kurz gesagt“, „weißt du?“, „also“, „eigentlich“, „natürlich“ oder „wie gesagt“: Wir alle nutzen sie, und das meist zu oft. Quantified Communications hat in Studien mithilfe von Verhaltenswissenschaft, künstlicher Intelligenz und Daten ermittelt, dass die optimale Frequenz bei etwa einem Füllwort pro Minute liegt. Wir nutzen allerdings im Durchschnitt fünfmal so viele.

Mit Sprachtechnik Füllwörter bewusst vermeiden

Im privaten Umfeld sind Füllwörter nicht wirklich ein Problem, doch im Arbeitsleben kann das anders aussehen. Dort haben sie einen einzigen Vorteil, wie uns Noah Zandan, CEO und Mitgründer von Quantified Communications, erklärt: Sie geben uns einen Moment Zeit, um unsere Gedanken zu sammeln, bevor wir weiterreden. Das war es dann allerdings auch schon mit den positiven Seiten. Die Liste der Nachteile ist lang: Wir wirken weniger glaubwürdig, es wird schwieriger, unseren Aussagen zu folgen, und wir riskieren, dass unsere Bewerbungsmappe ziemlich schnell in einer Schublade landet. Kurz gesagt: Zumindest für die Dauer des Vorstellungsgesprächs sollten wir üben, auf Füllwörter zu verzichten. Die folgenden 4 Punkte helfen dir, bei der Vorbereitung aufs Vorstellungsgespräch an deiner Sprachtechnik zu arbeiten:

1. Sprechpausen sind dein Freund. Ersetze alle Füllwörter durch kurze Pausen. Noah Zandan sagt klar und deutlich: Auch wenn dir beim Sprechen die kleinste Stille endlos vorkommt, ist dieser Eindruck in Wirklichkeit falsch. Er untermauert diese Aussage mit Zahlen aus seinen Studien: Durchschnittlich sprechen Fachkräfte mit einer Geschwindigkeit von 150 Wörtern pro Minute. Unsere Denkgeschwindigkeit liegt hingegen bei 400 Wörtern pro Minute (oder sogar 1.500, je nachdem, wen man fragt). Wenn du vor Publikum sprichst, ist deine Zeitwahrnehmung also verzerrt. Was dir wie eine Ewigkeit erscheint, sind für die anderen nur wenige Sekunden. Gut platzierte Sprechpausen bieten dir die Gelegenheit, deine Gedanken zu sammeln, dich zu beruhigen und selbstbewusst zu wirken.

2. Reduziere deine Sprechgeschwindigkeit. Wenn wir nervös sind, neigen wir dazu, ins Stammeln zu geraten, den Faden zu verlieren oder zu schnell zu sprechen. All das reduziert unsere Fähigkeit, klar zu denken und zu argumentieren, und erhöht das Risiko, Füllwörter zu nutzen. „Gewöhne es dir also an, in einem langsamen Tempo zu sprechen“, empfehlen Douglas R. Seals und McKinley E. Coppock, zwei amerikanische Forscher im Bereich der integrativen Physiologie (das gibt es wirklich, wir haben es gegoogelt!). Die Sprechgeschwindigkeit von 150 Wörtern pro Minute ist also etwas, woran wir uns halten sollten.

3. Vermeide gewisse Ausdrücke. Es gibt so einige sprachliche Ausdrücke, die umgangssprachlich zwar gern und häufig auf eine bestimmte Weise genutzt werden, aber an denen sich Personen stören könnten, denen eine „klassisch-korrekte“ Sprache wichtig ist. Dazu gehören die falsche Verwendung von „dasselbe“ und „das Gleiche“ oder „scheinbar“ und „anscheinend“ (da gibt es nämlich einen Unterschied!), „Sinn machen“ statt „Sinn ergeben“ oder „größer wie“ statt „größer als“. Vermeide außerdem relativierende Ausdrücke wie „eigentlich“ oder „irgendwie“ sowie Formulierungen wie „ich denke“ oder „ich glaube, dass ...“. Sie geben den Eindruck, dass du kein:e Expert:in auf dem Gebiet bist. Bevorzuge Formulierungen, die deine Kenntnisse unterstreichen, so wie „meiner Erfahrung nach“ oder „nach dem, was ich über das Thema gelesen habe ...“.

4. Vergiss nicht das Üben vor dem Vorstellungsgespräch. Ein Vorstellungsgespräch hat immer etwas Beängstigendes und eine gute Vorbereitung bleibt das A und O, um es möglichst entspannt zu meistern. Du kannst dich beispielsweise selbst filmen oder mit einem Freund oder einer Verwandten ein Gespräch nachspielen. Wenn du dich auf diese Weise beobachtest, werden dir deine sprachlichen Gewohnheiten und Füllwörter schnell bewusst und du kannst aktiv an deiner Sprachtechnik arbeiten. Damit sorgst du dafür, dass du dich auf professionelle Weise ausdrückst, ohne dich sprachlich einzuschränken: Auch im Bewerbungsgespräch ist es wichtig, dass du natürlich wirkst und ganz du selbst bleibst. So merkst du am besten, ob die Chemie mit deinen Gesprächspartner:innen und dem Unternehmen wirklich stimmt.


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