Kategorie: Arbeitsrecht

Arbeitnehmerüberlassung: Was bedeutet ANÜ aus Arbeitnehmer-sicht?

Das Arbeiten über einen Personaldienstleistenden ist auch als Arbeitnehmerüberlassung bekannt. Von der Gesetzeslage bis zu den Vor-und Nachteilen der ANÜ: Mit diesem Beitrag kannst du dir einen Überblick über das Thema verschaffen.

1 min Lesezeit

Netzwerk

In der heutigen Arbeitswelt läuft vieles über Projekte, die aber intern nicht immer durch die nötigen Fachkräfte abgedeckt werden können. In diesen Fällen setzen Unternehmen immer öfter auf externes Fachpersonal– zum Beispiel mithilfe der Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) über einen Personaldienstleister. Was genau darunter zu verstehen ist und worauf du achten solltest, wenn du deine Arbeitskraft über einen Dienstleister anbieten möchtest? In diesem Beitrag klären wir wichtige Fragen rund um das Thema Arbeitnehmerüberlassung.

Bist du bereit für einen neuen Job?

Bei JobTeaser findest du mehr als 5.000 Stellenangebote für Studierende und Absolvent:innen.

Zur Jobsuche

Was ist die Arbeitnehmerüberlassung?

Wenn deine Arbeitskraft über einen Personaldienstleister für einen begrenzten Zeitraum gegen Entgelt an einen Dritten ausgeliehen wird, dann sprechen wir von Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ). Diese Art von Arbeit ist auch als Zeitarbeit, Leiharbeit oder Personalleasing bekannt. Laut einer Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit gab es 2020 rund 781.000 Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer in Deutschland.[1] Entscheidest du dich für diese Form der Anstellung, schließt du einen Arbeitsvertrag bei einem Personaldienstleister ab, der dir auch dein Gehalt auszahlt. Allerdings verrichtest du deine Arbeitsleistung bei einem Kundenunternehmen, das Personalbedarf hat, aber keine langfristige vertragliche Bindung mit einem Arbeitnehmenden eingehen und somit auch sein unternehmerisches Risiko geringhalten möchte.

Dein Arbeitgeber, der Verleihende, überträgt mittels Arbeitnehmerüberlassungsvertrag das Weisungsrecht auf das Unternehmen, das deine Arbeitsleistung ausleiht. Der Leihende, also das Kundenunternehmen, muss dabei Mitverantwortung für deinen Arbeitsschutz tragen. Der Verleiher (Personaldienstleister) übernimmt dabei keine Gewährleistung für die Qualität deiner Arbeit, allerdings muss er die Talente sorgfältig auswählen. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht das Dreiecksverhältnis.

Das Dreieck der Personaldienstleistung

Personaldienstleistung_Dreieck

Merke: Eine ANÜ ist nur möglich, wenn zwischen dir als Talent und dem Personaldienstleister ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde sowie ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen dem Verleihenden (Personaldienstleister) und dem Leihenden (Unternehmen) besteht. Der Leihbetrieb muss zudem nach dem Gleichstellungsgrundsatz sicherstellen, dass der Leiharbeiter für die Zeit der Überlassung Anspruch auf die wesentlichen Arbeitsbedingungen hat, die für einen vergleichbaren Stammbeschäftigten gelten:

  • Fürsorgepflicht (Arbeitszeiten, Pausen- und Ruhezeiten, Überstunden)
  • Beschäftigung
  • Abgabe der Sozialversicherung
  • Arbeitgeberrisiko: Entlohnung des Talents auch ohne Einsatz (im Krankheitsfall)

Darüber hinaus ist die ANÜ im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erlaubnispflichtig. Das gilt auch für Personaldienstleistende mit Sitz im Ausland. Die Erlaubnis für das Verleihen von Talenten erteilt dabei die Bundesagentur für Arbeit.

Das kann dich auch interessieren: Als Ingenieur:in zum Personaldienstleister – so gelingt der Berufseinstieg

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: Die Rechtsgrundlage in Kürze

Zum sozialen Schutz der Arbeitskräfte wird die Überlassung von Arbeitnehmer:innen nach § 1 Absatz 1 des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Durch die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im April 2017 sind einige gravierende Änderungen in Kraft getreten, die die Leiharbeitenden insbesondere vor Ausbeutung bewahren sollen:

  • Anpassung der Konkretisierungs- und Offenlegungspflicht:
  • Benennung der konkreten Leiharbeitnehmer:innen vor Beginn der Überlassung
  • Klare Bezeichnung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages
  • Anpassungen im Equal-Pay-Bereich:
  • gleichwertiges Entgelt wie das Stammpersonal nach spätestens neun Monaten
  • begrenzte Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten

Die Änderungen im AÜG dienen in erster Linie dem Schutz der Leiharbeitenden, deren Rechte im Vergleich zum Stammpersonal angepasst werden sollen.

So soll durch die begrenzte Arbeitnehmerüberlassung mit einer Dauer von maximal 18 Monaten eine Schlechterstellung der ausgeliehenen Talente in sozialrechtlichen Fragen verhindert werden. Nach einer herbeigeführten Unterbrechung der Beschäftigung, in der der Leiharbeitende für mindestens 3 Monate und 1 Tag in einem anderen Unternehmen tätig wird, kann das Talent laut ANÜ dann wieder an den alten Einsatzort zurückkehren.

Gut zu wissen: Von der gesetzlich bestimmten Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten kann durch oder aufgrund eines Tarifvertrages abgewichen werden. Im Tarifvertrag der entsprechenden Einsatzbranche der Leihfirma, wo du als Zeitarbeiter:in tätig bist, muss daher eine Abweichung von dieser Höchstüberlassungsdauer vereinbart sein.

ANÜ: Was passiert bei Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer?

Überschreiten Vertragspartner die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten hat der Entleihende nach § 9 Absatz 1 und § 10 Absatz 1 mit juristischen Konsequenzen zu rechnen:

  • ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro
  • die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge
  • Nachvergütungsansprüche
  • Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.

Durch die Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer werden die Verträge zwischen Personaldienstleister und dem Leiharbeitenden sowie dem entleihenden Unternehmen unwirksam. In diesem Fall entsteht ein fiktives Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer:in. Möchtest du als Leiharbeitnehmer:in jedoch an dem Arbeitsverhältnis mit dem Personaldienstleistenden festhalten, hast du die Möglichkeit, eine Festhaltenserklärung in schriftlicher Form binnen eines Monats nach Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer bei der Bundesagentur für Arbeit einzureichen.

Was ist unter Equal Pay zu verstehen?

Das Equal Pay ist ein Bestandteil des Gleichstellungsgrundsatzes. Demnach hast du als Leiharbeitende:r einen Anspruch auf die wesentlichen Arbeitsbedingungen im Entleihbetrieb, wozu auch das Arbeitsentgelt gehört. Bist du neun Monate in demselben Unternehmen tätig, dann hast du Anspruch auf Equal Pay. Maßgeblich für die Höhe des Arbeitsentgelts ist die Lohnberechnung eines Vergleichsmitarbeitenden.

Die Kritik an der AÜG-Reform aus Arbeitgebersicht

Häufig stehen Unternehmen vor der Herausforderung, zu jeder Zeit ausreichend Personal zu haben. Gehen zum Beispiel leistungsstarke Mitarbeitende in Elternzeit oder steigt der Bedarf an Arbeitskräften saisonal stark an, kann das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung eine flexible Möglichkeit schaffen, kurzfristig Personalengpässe zu decken. Für eine längerfristige Zusammenarbeit, so sieht es das Gesetz vor, sollen Unternehmen dann ein verbindliches Arbeitsverhältnis anstreben. Die Kehrseite für die Personaldienstleistungsbranche: Facharbeitende arbeiten häufig an Projekten, die nach 18 Monaten noch nicht abgeschlossen sind. Sie werden mitten im Einsatz abgezogen und das Unternehmen verliert im laufenden Betrieb eine eingearbeitete Fachkraft.

Arbeitnehmerüberlassung: Nachteile und Vorteile für Leiharbeitende

Wenn du dich für einen Job bei einem Personaldienstleister interessiert, sollten dir auch die Vorteile und Nachteile einer ANÜ bekannt sein. Nur so kannst du ganz bewusst darauf achten, dass du in einem fairen Arbeitsverhältnis landest und du nicht das Gefühl hast, dass deine Arbeitskraft ausgenutzt wird. Denn ist das der Fall, kann Leiharbeit durchaus auch sinnvoll sein – und so mancher Leiharbeitende kann sich eine Festanstellung in einem Unternehmen gar nicht mehr vorstellen. Gerade wenn du als Berufseinsteiger:in breite Erfahrungen sammeln möchtest, kannst du dich mit der ANÜ auf mehreren Gebieten umschauen, wertvolle Kenntnisse erlangen und Kontakte knüpfen. Darüber hinaus bietet dir die Zeitarbeit mitunter ein Sprungbrett für eine Festanstellung im Unternehmen. Nichtsdestotrotz birgt die Arbeitnehmerüberlassung auch Nachteile, über die du dir im Klaren sein solltest:

  • Du bekommst (zumindest anfänglich) weniger Gehalt als das Stammpersonal des Entleihers
  • Die Bezahlung bei der ANÜ ist meist nahe dem Mindestlohn angesiedelt.
  • Es wird eine hohe Flexibilität von dir vorausgesetzt.
  • Gefällt dir ein Job, kann es sein, dass du trotzdem nach dem Einsatz wieder gehen musst.
  • Du musst dich regelmäßig an neue Unternehmen, Kolleg:innen und Tätigkeiten gewöhnen.
  • Mitunter sind die Tätigkeiten mit ANÜ weniger anspruchsvoll, als bei einer Festanstellung.

Zeitarbeit oder lieber Teilzeit? So viel verdienst du bei 20 Stunden die Woche!

Ist eine ANÜ lohnend für dich?

Ob sich Zeitarbeit lohnt, lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten. Es hängt immer auch ein stückweit von deiner Lebenssituation und deinen Qualifikationen ab. Möchtest du mit der Arbeitnehmerüberlassung nur einen gewisse Zeitraum überbrücken, dann kann Leiharbeit genau das Richtige für dich sein und wird sich nicht negativ auf deine weitere Karriere auswirken. Auch für weniger qualifizierte Personen kann Zeitarbeit durchaus den Weg in die Festanstellung ebnen. Allerdings solltest du beachten, dass die ANÜ häufig mit Vorurteilen behaftet ist und nicht jeder künftige Arbeitgeber oder jede Arbeitgeberin der Leiharbeit positiv gegenübersteht. Aber am Ende ist es der Gesamteindruck, der zählt. Da wird ein Ausflug in die Zeitarbeit auch nichts daran ändern.

Unser Lesetipp: Wie funktioniert Kurzarbeit? Auswirkung auf das Gehalt

Bist du bereit für einen neuen Job?

Bei JobTeaser findest du mehr als 5.000 Stellenangebote für Studierende und Absolvent:innen.

Zur Jobsuche

[1] Quelle: Bundesagentur für Arbeit


Wiebke für JobTeaser