Von Existenznot bis Hoffnung: die Gen Z und der Arbeitsmarkt
Die Pandemie geht ins dritte Jahr – und jetzt kommen auch noch Krieg, Inflation und Energiekrise dazu. Auch junge Studierende und Absolvent:innen sind im Dauer-Krisenmodus. Das JobTeaser Karrierebarometer hat untersucht, wie es um den Gemütszustand der jungen Talente steht und welche Auswirkungen Unsicherheit und Existenznöte haben.
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Mit der Wintersemester-Auflage geht das JobTeaser Karrierebarometer Young Talents bereits in die sechste Runde. Die breit angelegte Umfrage unter Studierenden und Absolvent:innen liefert Einblicke in das Stimmungsbild der Gen Z und zeigt, welche Entwicklungen und Trends sich am Arbeitsmarkt abzeichnen. Die Erkenntnisse dienen sowohl den Young Talents als auch den Hochschulen und Recruiter:innen als wertvolle Anhaltpunkte.
Hier geht’s zum kostenlosen Download des kompletten Karrierebarometers.
Zahlen und Fakten zum aktuellen JobTeaser Karrierebarometer
Das aktuelle JobTeaser Karrierebarometer wurde im August 2022 durchgeführt und berücksichtigt daher auch die Einflüsse der aktuellen geo- und energiepolitischen Krisen. Insgesamt wurden im Rahmen der selbstselektiven Online-Befragung 1.959 Studierende und Absolvent:innen befragt.
Das Karrierebarometer zielt darauf ab, die aktuelle Gefühlslage der jungen Talente repräsentativ zu erfassen und die folgenden Kernfragen zu beantworten:
- Wie haben sich die Lebensbedingungen, Wünsche, Pläne und Erwartungen der Studierenden und Absolvent:innen im Laufe der letzten zweieinhalb Jahre verändert?
- Was wünschen sie sich von potenziellen Arbeitgebern?
- Wo informieren sie sich über den Stellenmarkt und potenzielle Arbeitgeber?
- Wie werden Stellenanzeigen und Bewerbungsprozesse wahrgenommen?
Eine separate Betrachtung von Studierenden und Absolvent:innen erlaubt es, die Unterschiede zwischen beiden Zielgruppen zu berücksichtigen.
Bestätigt sich der Optimismus aus dem Frühjahr?
Trotz andauernder Corona-Pandemie hat das letzte Karrierebarometer aus dem Frühjahr 2022 (vor Beginn des Kriegs in der Ukraine) einen verhaltenen Optimismus unter Studierenden und Absolvent:innen sichtbar gemacht. Damit schien der anhaltende pessimistische Trend in der Gen Z vorerst gestoppt. Eine Mehrheit der Befragten (82 %) blickte zu diesem Zeitpunkt entweder nicht mehr pessimistisch oder sogar vorsichtig optimistisch in die Zukunft.
Gleichzeitig zeichnete sich im Frühjahr aber auch ein verstärktes Sicherheitsbedürfnis unter den jungen Talenten ab: So war die Work-Life-Balance plötzlich nicht mehr das wichtigste Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers, stattdessen traten Faktoren wie die Befristung des Arbeitsvertrags in den Vordergrund.
Die Gemütslage im Frühjahr 2022 lässt sich also als Mischung aus Sorge und Orientierungslosigkeit auf der einen und aufkeimendem Optimismus auf der anderen Seite beschreiben. Bestätigt sich dieser Trend im Herbst oder rücken die Existenznöte der krisengeschüttelten Generation wieder mehr in den Vordergrund?
Studierende: Zurück auf den Campus! Doch wie sieht die Zukunft aus?
Zumindest diese Entwicklung ist positiv: Nach zwei Jahren Online-Studium sind die meisten (66 %) der Studierenden wieder vollständig oder überwiegend zurück auf dem Campus. Der Hochschulbetrieb hat sich weitgehend normalisiert, die lange Zeit der sozialen Isolation wirkt aber nach. Das belegen auch die Ergebnisse des Karrierebarometers: 78 % der Studierenden sind im Hinblick auf ihren beruflichen Lebensweg besorgt.

Die Sorgen resultieren sowohl aus der Angst, das eigene Leben nicht mehr finanzieren zu können (44 %) als auch aus der Sorge vor zu wenigen Jobangeboten (40 %). Um sich zumindest während des Studiums finanziell über Wasser zu halten, nehmen 66 % der Studierenden Nebenjobs wahr. 60 % werden von ihren Eltern unterstützt, zudem beziehen Studierende auch Kindergeld (23 %) oder BAföG (15 %).
Absolvent:innen sorgen sich um ihre berufliche Zukunft
Unter den Absolvent:innen greifen die Sorgen um die berufliche Zukunft wieder stärker um sich: Rund 93 % der Befragten sind betroffen. Die Sorgen äußern sich vor allem in Ängsten um die Finanzierung des eigenen Lebensunterhalts (59 %) und zu wenigen verfügbaren Jobangeboten (37 %).
Dies bestätigt auch die zunehmende Zahl der jobsuchenden Absolvent:innen, die keine Stelle finden: Waren im März 2022 nur 2 % betroffen, hat sich der Anteil nun wieder auf 18 % vervielfacht. Die gute Nachricht: Einmal im Berufsleben angekommen, sind die Young Talents deutlich krisenresistenter: Fast drei Viertel der Absolvent:innen spüren dann keine Auswirkungen der Krisen mehr.
Im Zusammenhang mit der Pandemie und der langen sozialen Isolation hat die Befragung zudem ergeben, dass 34 % der Absolvent:innen auf Jobsuche besorgt sind, sich nicht ins Team einzufinden.

Gemeinsamkeiten zwischen Studierenden und Absolvent:innen
Auch wenn die Lebenssituation von Studierenden und Absolvent:innen teilweise sehr unterschiedlich ist, zeigen sich in der Gen Z viele gemeinsame Einschätzungen und Überzeugungen. Die Sorge um die berufliche Zukunft vereint die Generation, auch wenn sie bei Studierenden mit 78 % noch nicht ganz so ausgeprägt wie bei Absolvent:innen (93 %) ist.
Vor allem in der Gruppe der Studierenden, die kurz vor dem Abschluss stehen (22 %), sowie der Absolvent:innen auf Jobsuche (34 %) zeigt sich eine Verunsicherung und Orientierungslosigkeit. Die Übergangsphase zwischen Studium und Berufseinstieg scheint also grundsätzlich von einer starken Verunsicherung geprägt zu sein.

Unter allen Studierenden und Absolvent:innen bestätigt sich der sehr hohe Anteil an Befragten, die noch keinen klaren Karriereweg vor Auge haben: Mit 83 % bleibt dieser Wert in etwa auf dem Niveau des letzten Karrierebarometers.
Die Verunsicherung führt bei den meisten Betroffenen allerdings nicht zu einem grundlegenden Pessimismus: Die überwiegende Mehrheit gibt an, ihre berufliche Zukunft neutral (31 %), eher optimistisch (38 %) oder sehr optimistisch (10 %) zu sehen. Nur 18 % äußern sich eher oder sehr pessimistisch. Auch dieser Wert – der durchaus Hoffnung machen darf – ist bei Absolvent:innen auf Jobsuche aber signifikant höher (33 %).
Anforderungen und Erwartungen von Absolvent:innen und Studierenden
Trotz der Unsicherheiten in Bezug auf den beruflichen Lebensweg nehmen die Anforderungen an den Beruf unter Studierenden und Absolvent:innen zu. Dabei ist bemerkenswert, dass sich in den Krisenzeiten die Anforderungen an den Arbeitgeber stärker erhöht haben als die an die berufliche Position. Der Fokus der jungen Talente scheint inzwischen überwiegend auf Arbeitsplatzsicherheit und finanzieller Stabilität zu liegen. Dieser Trend ist bei Absolvent:innen noch ausgeprägter als bei Studierenden.
In diesem Zuge rückt auch der Wunsch nach unbefristeten Arbeitsverträgen wieder mehr in den Vordergrund, für 73 % des akademischen Nachwuchses ist die Laufzeit des Vertrags wichtig. Dabei zeigt sich die Gen Z aber durchaus kompromissbereit und würde mehrheitlich (53 %) aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage auch einen befristeten Vertrag annehmen.

Zu den weiteren wichtigen Anforderungen an den Beruf gehören der ausgeprägte Wunsch nach Führungsverantwortung, ein Bedürfnis nach Mitspracherecht im Unternehmen sowie ein hybrides Homeoffice-Modell. Besonders in Bezug auf Homeoffice hat die lange Zeit der sozialen Isolation zu einer veränderten Stimmungslage beigetragen: Die Mehrheit der Studierenden und Absolvent:innen wünscht sich mittlerweile ein Hybrid-Modell mit Homeoffice- und Bürotagen. Nur jede:r siebte Befragte (15 %) möchte überwiegend oder ausschließlich von zu Hause arbeiten.
Von Diversität bis Diskriminierung – diese Werte sind der Gen Z wichtig
Das Werteverständnis der Generation Z ist von einer klaren Haltung zu gesellschaftlichen Themen geprägt. 83 % der Befragten geben an, dass die Werte Diversität und Gleichberechtigung sehr wichtig oder wichtig sind. Eine überwältigende Mehrheit von 91 % spricht sich darüber hinaus klar dafür aus, dass sich ihr künftiger Arbeitgeber klar gegen Diskriminierung jeder Art einsetzt.
Die Purpose-driven Generation
Eine sinnstiftende Arbeit, bei der die eigenen Werte und Vorstellungen mit dem Handeln und den Produkten des Unternehmens in Einklang stehen. Was in der modernen Arbeitswelt unter dem Schlagwort „Purpose“ bekannt ist, wird auch für die Gen Z immer wichtiger: 83 % der Befragten geben an, dass eine sinnstiftende Tätigkeit wichtig oder sehr wichtig ist. Genauso groß ist der Anteil der Studienteilnehmer, die diesen „Purpose“ auch von ihrem zukünftigen Arbeitgeber erwartet.
Karrierevorbereitung und -planung im digitalen Zeitalter
Der Umgang mit den digitalen Medien ist definitiv eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen der Gen Z und vorhergehenden Generationen. Entsprechend hat sich auch die Art und Weise der Karrierevorbereitung und -planung verändert. Die Digital Natives informieren sich heute primär auf Unternehmens-Websites/Karriereseiten (71%) und sozialen Netzwerken (51%) über ihre zukünftigen Arbeitgeber.
Auch Bewertungsplattformen (42 %) spielen eine immer stärkere Rolle – die positive Bewertung ihrer zukünftigen Arbeitgeber auf Plattformen wie Kununu oder Glassdoor ist für 61 % der Befragten wichtig oder sehr wichtig.
Ein Blick auf die bevorzugten Karrierenetzwerke der Gen Z zeigt, dass LinkedIn seine vorherrschende Stellung behauptet und mit 55 % deutlich häufiger genutzt wird als Xing (14 %).

Bei der Jobsuche zeigt sich, dass die Gen Z sehr vielseitig, aber stets digital unterwegs ist: Etwas über die Hälfte aller Studierenden und Absolvent:innen (56%) nutzt üblicherweise berufliche soziale Netzwerke und etwas weniger als die Hälfte (43%) bedient sich Online-Stellenbörsen. Große Bedeutung haben zudem auch die Career Center der Hochschulen (38%) und Google (34%).
Das Karrierebarometer zeigt aber auch, dass Studierende und Absolvent:innen oft nicht viel mit den Inhalten der Stellenausschreibungen anfangen können: Nur 34 % bekommen durch Stellenanzeigen eine klare Vorstellung von Angebot und Unternehmen. Dieser Wert stellt im Vergleich zum letzten Barometer (31 %) eine leichte Verbesserung dar.
Fazit: Große Verunsicherung, aber kein Pessimismus
Das Karrierebarometer zum Wintersemester 2022/23 zeigt, dass du mit deiner Verunsicherung in Bezug auf den beruflichen Lebensweg nicht allein bist. Die überwältigende Mehrheit der Befragten äußert vor dem Hintergrund immer neuer Krisen eine starke Unsicherheit. Positiv ist, dass selbst eine jahrelange Dauerkrise unter den Studierenden und Absolvent:innen mehrheitlich nicht zu einer pessimistischen Grundeinstellung geführt hat.
Die Gen Z hat eine klare Wertevorstellung und fordert diese Werte auch von Arbeitgebern selbstbewusst ein. Eine sinnstiftende Tätigkeit wird für junge Talente immer wichtiger – gleichzeitig zeigt die Krise aber auch Wirkung und lässt ein verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit erkennen.
Das komplette Karrierebarometer mit spannenden Einblicken in die Gefühlswelt der Studierenden und Absolvent:innen steht hier kostenlos zum Download zur Verfügung.
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