HomepageDas Gen Z LabWie ermöglicht man jungen Berufseinsteiger:innen einen reibungslosen Start im Unternehmen?

Wie ermöglicht man jungen Berufseinsteiger:innen einen reibungslosen Start im Unternehmen?

  • Donnerstag, 12. Juni 2025
  • JobTeaser

Interview mit HR-Expertin Martina Teufner

Wie gelingt es Unternehmen, junge Talente für sich zu gewinnen – und vor allem zu halten? Martina Teufner, Inhaberin und Geschäftsführerin von Resource Minds Consulting, berät Organisationen in den Bereichen HR Interim Management, HR Consulting und Führungskräfteentwicklung. Im Interview gibt sie Einblicke in zentrale Herausforderungen der Nachwuchsgewinnung und ordnet die Ergebnisse der aktuellen JobTeaser-Studie Gen Z und der erste Job: Neue Trends für 2025 ein – laut der für 89 % der befragten Nachwuchskräfte eine gute Bezahlung das wichtigste Kriterium bei der Jobwahl ist.


Bei Ihnen in Österreich sind Gehaltsangaben in Stellenanzeigen gesetzlich vorgeschrieben. Dennoch bleibt oft unklar, wie viel wirklich bezahlt wird. Sollte Ihrer Meinung nach das tatsächliche Gehalt transparenter kommuniziert werden?

Ja, unbedingt – sofern die Angaben realistisch und nachvollziehbar sind. Viele Unternehmen nennen lediglich das gesetzliche Mindestgehalt, obwohl sie deutlich mehr zahlen. Das wirkt auf Bewerber:innen abschreckend, weil sie nicht wissen, ob ein höheres Gehalt möglich ist. Eine transparente Gehaltsspanne, die auf einer fundierten Anforderungsanalyse basiert, wäre sinnvoller. So sehen Bewerber:innen, ob die Stelle zu ihren Vorstellungen passt – das spart Zeit und schafft Vertrauen.

Was sollten Unternehmen neben dem Gehalt besonders hervorheben, um junge Talente anzusprechen?

Entwicklungsmöglichkeiten und ein authentisches Arbeitsumfeld sind entscheidend. Viele junge Menschen möchten wachsen – beruflich wie persönlich. Unternehmen sollten klar aufzeigen, welche Perspektiven sie bieten, etwa durch Weiterbildungen oder Mentoring. Ebenso wichtig sind Werte wie Flexibilität, Diversität und eine unterstützende Unternehmenskultur. Authentizität zählt: Junge Talente wollen spüren, dass das, was versprochen wird, auch gelebt wird.

Wie gelingt ein gelungener Einstieg für Nachwuchskräfte im Unternehmen?

Ein strukturierter Onboarding-Prozess ist das A und O. Persönliche Begrüßung, klarer Einarbeitungsplan und ein fester Ansprechpartner helfen dabei, sich schnell zurechtzufinden. Wichtig ist auch die soziale Integration – etwa durch Team-Events oder informelle Gespräche. Regelmäßiges Feedback und die gezielte Förderung individueller Stärken sorgen dafür, dass sich neue Kolleg:innen schnell als Teil des Teams fühlen.

Unsere Studie zeigt: Viele Berufseinsteiger:innen würden einen gut bezahlten Job bevorzugen, auch wenn dieser sie nicht begeistert. Erleben Sie diese Prioritätensetzung ebenfalls?

Diese Entscheidung hängt meist mit finanziellen Realitäten zusammen – etwa steigenden Lebenshaltungskosten. Das betrifft nicht nur junge Menschen. Gleichzeitig sehe ich auch viele, die früh ihren eigenen Weg gehen wollen, zum Beispiel durch Selbstständigkeit. Das zeigt: Diese Generation vereint Sicherheitstreben und Selbstverwirklichung. Unternehmen sollten beide Seiten ernst nehmen und individuelle Entwicklung fördern.

Welche Folgen entstehen für Unternehmen, wenn Jobs nicht zu den Erwartungen junger Talente passen?

Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie früh wieder wechseln. Job-Hopping ist heute normaler geworden – besonders für Jüngere, die ihren Karriereweg nicht mehr linear verstehen. Das erhöht die Fluktuation und führt zu Kosten für Recruiting und Wissenstransfer. Unternehmen sollten daher von Anfang an transparent kommunizieren und Entwicklungsmöglichkeiten bieten, um die Bindung zu stärken.

Wie kann man sicherstellen, dass die Motivation junger Talente über das Gehalt hinausgeht?

Mit sinnvollen Aufgaben, Weiterbildungsangeboten, wertschätzender Führung und einem modernen Arbeitsumfeld. Junge Talente wollen lernen, sich einbringen und merken, dass ihre Arbeit etwas bewirkt. Wenn diese Aspekte stimmen, tritt das Gehalt in den Hintergrund. Entscheidend ist, dass Unternehmen den Wunsch nach Wachstum ernst nehmen und aktiv fördern.

Beobachten Sie einen Trend zur Fachkarriere statt klassischem Aufstieg in Führungspositionen?

Absolut. Viele junge Menschen wünschen sich Perspektiven – aber nicht zwingend in der Führung. Fachliche Exzellenz, Selbstbestimmung und Entwicklung sind oft wichtiger als Titel. Unternehmen, die dies erkennen und Fachkarrieren attraktiv gestalten, haben einen klaren Vorteil im Wettbewerb um junge Talente.

JobTeaser-Daten zeigen: Viele Berufseinsteiger:innen wollen keine langfristigen Verträge mehr. Spiegelt das auch Ihre Erfahrung wider?

Ja, das sehe ich ebenfalls. Junge Talente möchten sich ausprobieren, Erfahrungen sammeln und nicht sofort langfristige Verpflichtungen eingehen. Praktika oder Traineeprogramme bieten hier eine gute Möglichkeit für beide Seiten: Talente lernen unterschiedliche Bereiche kennen, und Unternehmen können gezielt Potenziale fördern – mit beidseitiger Klarheit über die Erwartungen.

Die JobTeaser-Studie zeigt auch, dass über die Hälfte der jungen Talente eine berufliche Neuorientierung planen. Beobachten Sie das ebenfalls?

Ich sehe eher den Wunsch nach Weiterentwicklung als nach völliger Neuorientierung. Viele junge Menschen hinterfragen früh, ob eine Position wirklich zu ihnen passt. Wenn sie sich nicht gefordert fühlen oder bessere Entwicklungschancen sehen, wechseln sie – das ist für sie kein Bruch, sondern Teil ihres Weges. Unternehmen sollten daher sinnvolle Einstiegspositionen schaffen, die Lernmöglichkeiten und echte Verantwortung bieten.

Welche Schwächen beobachten Sie bei Bewerber:innen für Junior-Positionen am häufigsten?

Oft fehlt die klare Selbstwahrnehmung: Viele wissen noch nicht, wo ihre Stärken liegen oder was sie beruflich wirklich wollen. Dazu kommen Unsicherheiten im Auftreten oder fehlende Eigeninitiative. Auch überhöhte Erwartungen sind manchmal ein Thema. Aber: Diese Punkte lassen sich gut entwickeln – entscheidend ist die Lernbereitschaft.

Welche Schwächen sind akzeptabel – und welche sollten im Recruiting ein Ausschlusskriterium sein?

Fehlende Erfahrung, Unsicherheit oder Orientierungslosigkeit sind völlig in Ordnung, wenn Offenheit und Lernwille da sind. Ein No-Go ist dagegen Arroganz oder fehlende Bereitschaft zur Weiterentwicklung. Wer sich nicht auf Feedback einlassen will, passt meist nicht gut in ein dynamisches Team – unabhängig vom Alter.

Abschließend: Welchen Einfluss haben Angaben zu Hobbys, Auslandsaufenthalten oder sozialem Engagement im Lebenslauf?

Solche Informationen können positive Signale senden, sollten aber nie zur Hauptentscheidung führen. Ein Auslandssemester kann z. B. auf interkulturelle Offenheit hinweisen – aber nicht jede:r hat diese Möglichkeit. Entscheidend bleiben die fachliche und persönliche Eignung. Recruiter sollten auf professionelle Auswahlverfahren setzen, statt sich zu sehr von Sympathiefaktoren leiten zu lassen.


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