Grenzgänger:in: Leben und Arbeiten in unterschiedlichen Ländern
In Deutschland wohnen und ins Ausland zur Arbeit pendeln? Das ist in der EU kein Problem – besonders, wenn du nah der Grenze wohnst. Wir zeigen dir, was du beachten musst, wenn du als Grenzgänger:in im Nachbarland arbeiten möchtest.
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Die Grenze von Deutschland hat eine Länge von knapp 3.900 Kilometern. Das ist ungefähr die Strecke von Berlin nach Tel Aviv. Hinter dieser doch recht langen Grenze befinden sich neun Nachbarländer – die wir nicht nur gern bereisen, sondern in die viele Deutsche täglich zur Arbeit fahren. Denn Arbeiten beim Nachbarn ist im Grenzgebiet keine Seltenheit. Aktuell gibt es circa 280.000 Pendler:innen, die in Deutschland wohnen und einem Job im europäischen Ausland nachgehen. Wenn du in einem EU-Land arbeitest und in einem anderen lebst, giltst du im EU-Recht als Grenzgänger:in. Viele Deutsche arbeiten in der Schweiz, in den Niederlanden, Dänemark, Luxemburg oder in Belgien. Kein Wunder – denn ins Ausland pendeln kann sich durchaus lohnen. So gelten für Grenzgänger:innen generell besondere steuerliche Regelungen. Was genau dahintersteckt, erfährst du in diesem Beitrag.
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Zur JobsucheGrenzgänger:in: Warum zum Arbeiten ins Ausland pendeln?
Durch die allgemeine Reisefreiheit und das Schengener Abkommen sind in Europa die Grenzen für EU-Bürger:innen kaum noch spürbar. Wenn du also in einem Grenzgebiet wohnst, ist Leben und Arbeiten in unterschiedlichen Ländern eigentlich ganz normal. Hinzukommen aber auch gewisse finanzielle Vorteile, die einige Nachbarländer für deutsche Grenzgänger:innen durchaus attraktiv machen.
Allen voran lockt die Schweiz mit hohen Gehältern und dem Franken, der im Vergleich zum Euro gut im Kurs steht. Für Grenzgänger:innen warten hier Gehaltserhöhungen von bis zu 15 Prozent. Weil die Lebenshaltungskosten in der Schweiz entsprechend hoch sind, lohnt es sich umso mehr, einen Wohnsitz in Deutschland zu haben und täglich ins Ausland zu pendeln. Aber auch andere Länder wie zum Beispiel Luxemburg können sich für dich zum Arbeiten lohnen, denn die geringere Lohnbesteuerung sowie die geringeren Sozialversicherungsbeiträge in Luxemburg können dir zu einem höheren Nettolohn verhelfen. Hier kannst du als Grenzgänger:in Steuern sparen.
Grenzgänger:in oder Grenzpendler:in – wo liegt der Unterschied?
In Deutschland wird steuerrechtlich zwischen den Begriffen Grenzgänger:in und Grenzpendler:in unterschieden. Während ein:e Grenzgänger:in in Deutschland wohnt und im Ausland arbeitet, lebt ein:e Grenzpendler:in in einem unserer Nachbarländer und arbeitet in Deutschland.
Per EU-Gesetz ist ein:e Grenzgänger:in eine Person, die in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zur Arbeitsstelle ins benachbarte Ausland pendelt. Damit ein:e Grenzgänger:in die Steuer auf das erwirtschaftete Einkommen nicht in beiden Ländern abführen muss, greift zwischen den meisten EU-Ländern das sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen. Demnach steht dem Beschäftigungsland in der Regel das Recht der Erhebung von Steuern auf die Arbeitseinkünfte zu. Das gilt für die Nachbarländer Belgien, Luxemburg, Niederlande, Dänemark, Polen und Tschechien. Für Frankreich, Österreich und die Schweiz weichen die Regelungen ab.
Arbeitest du in Frankreich oder Österreich und dein Wohnort liegt innerhalb einer bestimmten Grenzzone, tritt in diesen Ländern die Grenzgänger-Regelung in Kraft. Das bedeutet für dich, dass du deine Einkommensteuer in Deutschland abführst und dein Beschäftigungsland eine Quellensteuer von 4,5 Prozent erhält, die wiederum auf die Steuer im Ansässigkeitsstaat angerechnet wird.
- Die Grenzzone für Frankreich beträgt 20 Kilometer.
- Die Grenzzone für Österreich beträgt 30 Kilometer.
💡Merke: Die früher für die Schweiz geltende 30-Kilometer-Grenzzone gibt es nicht mehr. Seither zahlen alle Grenzgänger:innen, die in der Schweiz arbeiten und in Deutschland leben, die Einkommensteuer in Deutschland. Auf die konkreten Regelungen gehen wir später genauer ein.
Für Grenzpendler:innen, also ausländische Arbeitnehmer:innen, die ihren Wohnsitz im benachbarten Ausland haben, aber ihr wesentliches Einkommen in Deutschland erzielen, gilt die Einkommensteuerpflicht für Deutschland.
Du möchtest dich für einen Job im benachbarten Ausland bewerben, dann solltest du deine Bewerbungsunterlagen in die entsprechende Landessprache übersetzen. Auch wenn Menschen im Grenzgebiet häufig bilingual aufwachsen, solltest du im Job die jeweilige Landessprache beherrschen oder dich zumindest sicher auf Englisch ausdrücken können. Möchtest du deine Bewerbung auf Englisch erstellen? Unser Muster „Anschreiben auf Englisch“ hilft dir dabei.
Als Grenzgänger:in in der Schweiz arbeiten
Ein beliebtes Arbeitsland für Grenzgänger:innen aus Deutschland ist die Schweiz. So arbeiteten im Jahr 2021 über 63.000 deutsche Grenzgänger:innen in der Schweiz. Das entspricht 17,6 Prozent aller Grenzgänger:innen, die zum Arbeiten in die Schweiz pendeln.[1] Grundsätzlich ist es jedem deutschen Staatsbürger und jeder deutschen Staatsbürgerin möglich, eine Tätigkeit in der Schweiz auszuüben.
Wenn du neu als Grenzgänger:in in der Schweiz arbeitest, solltest du diese Punkte beachten:
1. Die Grenzgängerbewilligung anfordern
Die „G-Bewilligung“ gilt für alle Arbeitnehmer:innen aus der EU und den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) und ist Voraussetzung, wenn du in der Schweiz arbeitest, aber zum Beispiel in Deutschland wohnst. Du kannst Sie bei den Behörden an deinem Arbeitsort beantragen.
2. Krankenversicherung abschließen
Anders als in Deutschland zahlen Arbeitnehmer:innen in der Schweiz ihre Krankenkassenbeiträge ohne Arbeitgeberzuschuss. Allerdings sind die Prämien niedriger und unabhängig vom Einkommen.
Vergleiche Krankenversicherungen für Grenzgänger in der Schweiz
3. Einkommenssteuer in Deutschland abführen
Als Grenzgänger:in bist du in Deutschland einkommenssteuerpflichtig. Die Schweiz behält eine Quellensteuer in Höhe von 4,5 Prozent ein, die bei der Steuererklärung in Deutschland angerechnet wird. Beim Finanzamt an deinem Wohnort kannst du eine Ansässigkeitsbescheinigung beantragen und einen Fragebogen zur Arbeitsaufnahme als Grenzgänger:in ausfüllen.
4. Ein Konto in der Schweiz eröffnen
Ein Konto in der Schweiz ist für Grenzgänger:innen keine Pflicht. Es bietet dir jedoch einige Vorteile:
- Du erhältst dein Gehalt direkt in Schweizer Franken.
- Du kannst Rechnungen in der Schweiz bezahlen (zum Beispiel deine Krankenversicherung).
- Du kannst den Zeitpunkt des Währungswechsels selbst festlegen.
☝Gut zu wissen: Auch in anderen EU-Ländern bist du nicht dazu verpflichtet, als Grenzgänger:in ein Bankkonto einzurichten. Generell reicht ein Konto in deinem Heimatland.
Dank des Schweizer Arbeitsgesetz sind die Arbeitsbedingungen in der Schweiz, denen in Deutschland recht ähnlich. So gilt hier eine gesetzliche Arbeitszeitregelung von maximal 44 Stunden pro Woche und Überstunden werden ausgeglichen. Auch der Anspruch auf Urlaub und Sonderurlaub ist in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland geregelt.
Ein wesentlicher Vorteil spiegelt sich für Grenzgänger:innen in der Schweiz im Gehalt wider. Denn wie bereits erwähnt, kannst du in der Schweiz mit einem deutlich besseren Einkommen rechnen als in Deutschland. Daher sind Jobs in der Schweiz für deutsche Grenzgänger:innen überaus attraktiv. Schon bei einfachen Tätigkeiten kannst du in der Schweiz mit einer doppelt so hohen Bezahlung wie in Deutschland rechnen – für Jobs der oberen Gehaltsklassen kann das sogar noch höher ausfallen.
Gut zu wissen: In der Schweiz verdienst du unter anderem so viel, weil die Schweiz ein sehr produktives Land ist. Innerhalb der OECD, dem Club der Industrieländer, zählt die Arbeitsproduktivität in der Schweiz sogar zu den höchsten.
Vor- und Nachteile für Grenzgänger:innen, die in die Schweiz pendeln
Leben und arbeiten in unterschiedlichen Ländern kann je nach Beschäftigungsland sehr vorteilhaft für dich sein. So kannst du als Grenzgänger:in Steuern sparen oder aber in der Schweiz von den hohen Gehältern profitieren. Ins Ausland zu pendeln, ist trotzdem nicht unbedingt jedermanns Sache. Die nachfolgende Tabelle gibt dir einen Überblick über die Vor- und Nachteile für Grenzgänger:innen am Beispiel Schweiz.
Vorteile als Grenzgänger:in in der Schweiz | Nachteile als Grenzgänger:in in der Schweiz |
Höheres Einkommen | Pendeln ist nicht familienfreundlich |
Niedrige Lebenshaltungskosten in Deutschland | Hohe Einkommenssteuer in Deutschland |
Gute Arbeitsbedingungen | Langer Arbeitsweg |
Hohe Lebens- und Arbeitsqualität | Du zahlst nicht mehr in die Deutsche Rentenversicherung ein, aber in die gesetzliche Altersvorsorge in der Schweiz. |
Schweiz: Als Grenzgänger:in Steuern sparen?
Viele Grenzgänger:innen erhoffen sich, dass sie auch Steuern sparen können. Leider ist dem in der Schweiz nicht so. Denn wer als Grenzgänger:in in der Schweiz arbeitet, aber in Deutschland wohnt, zahlt in Deutschland Steuern und kann aufgrund der hohen Gehälter mit einer beachtlichen Steuerlast rechnen. Trotzdem gibt es verschiedene Möglichkeiten für Grenzgänger:innen, Steuern zu sparen. Dazu gehören unter anderem die Direktversicherung, die freiwillige Altersvorsorge und die korrekt ausgefüllte Steuererklärung. Informiere dich hierzu im Internet, du wirst auf einige hilfreiche Tipps stoßen.
Welche Rechte gelten für dich als Grenzgänger:in?
Bevor du den Weg als Grenzgänger:in gehst, solltest du dich zuvor über alle wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen informieren. Auch wenn die meisten rechtlichen Rahmenbedingungen EU-weit einheitlich geregelt sind, gibt es einige Besonderheiten:
Arbeitsrecht
Informiere dich vorab über das Arbeitsrecht des jeweiligen Nachbarlandes. Denn generell gelten für dich als Grenzgänger:in die arbeitsrechtlichen Bedingungen des Beschäftigungslandes. Also dem Ort, an dem du deiner beruflichen Tätigkeit nachgehst.
Sozialversicherung
In der EU, der Schweiz und in den EWR-Staaten gelten die Bestimmungen zur Koordination der Systeme der sozialen Sicherheiten. Mit dieser Bestimmung soll die soziale Sicherheit der EU-Bürger:innen zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert werden. Dieses Recht besagt, dass Grenzgänger:innen in dem Land versichert sein müssen, in dem sie leben. Eine Ausnahme dabei ist die Krankenversicherung. Denn dabei greift in den meisten Fällen die Versicherungspflicht des Staates, in dem die Arbeit ausgeführt wird.
Ob als Grenzgänger:in in der Schweiz oder in einem unserer anderen Nachbarländer, als EU-Bürger:in werden dir beim Leben und Arbeiten in unterschiedlichen Ländern generell wenig Steine in den Weg gelegt. Einziger Wermutstropfen: Als Grenzgänger:in wirst du in den meisten Fällen nicht darum herumkommen, jährlich eine Einkommensteuererklärung in Deutschland abzugeben.
Lesetipp: Tipps für deine Bewerbung in Amerika - USA, Südamerika, Kanada
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Zur Jobsuche[1] Quelle: Statista: Anzahl der ausländischen Grenzgänger in der Schweiz nach Herkunftsländern im 4. Quartal 2021
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