Nein sagen im Beruf: So lernst du es
Bist du ein Ja-Sager und möchtest das ändern? In diesem Beitrag erfährst du, warum dich Nein sagen können beruflich weiterbringt und wie du es lernen kannst.
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Von den Überstunden bis zu den Gefälligkeiten für Kolleg:innen: Du sagst Ja, obwohl du eigentlich Nein sagen möchtest? Wer dieses Verhaltensmuster immer wieder an sich selbst beobachtet, weiß, wie belastend das sein kann. Warum wir uns mit dem Nein sagen so schwertun und wie du auf der Arbeit auch mal höflich etwas ablehnen kannst? Wir haben hilfreiche Tipps, die dir das Nein sagen im Beruf erleichtern können.
Warum wir nicht gut Nein sagen können
Bereits in der Kindheit lernen wir: Nein sagen verursacht Stress, Streit und Strafen. Viel bequemer ist es, gehorsam zu sein, um diesen negativen Konsequenzen zu entgehen. Häufig leben uns Eltern zudem ein angepasstes Verhalten vor. Denn wer anderen vor den Kopf stößt, riskiert damit, gesellschaftlich anzuecken.
Diese Erfahrungen aus Kindheitstagen können uns bis ins Erwachsenenalter prägen. Glaubenssätze wie die Nachfolgenden beeinflussen dann häufig unser tägliches Verhalten.
Wenn ich Nein sage,
- werde ich abgelehnt.
- werde ich bald alleine dastehen.
- bin ich schuld, wenn andere enttäuscht, gekränkt, verärgert oder verletzt sind.
- bin ich herzlos und egoistisch.
Aber nicht nur die Angst vor der Ablehnung oder den negativen Konsequenzen kann die Ursache dafür sein, dass du nicht Nein sagen kannst. Viele von uns haben auch das Gefühl, mit einem Nein etwas verpassen zu können. Zudem fühlen wir uns gebraucht und wichtig, wenn einer um unsere Hilfe bittet. Vielleicht erhoffst du dir auch Anerkennung dafür, dass du dich für Aufgaben verantwortlich fühlst, denen sich kein anderer im Team annimmt. Leidest du unter einem Helfer-Syndrom? Wir erklären dir, warum du besser damit aufhören solltest.
Nein sagen im Beruf: Darum ist es wichtig
Natürlich können wir im Leben nicht immer nur das machen, worauf wir gerade Lust haben. Gewisse Aufgaben müssen erledigt werden – das ist im Beruf und im Privatleben so. Außerdem kann Hilfsbereitschaft auch guttun und Beziehungen stärken. Wenn du aber immer Ja sagst, obwohl bei dir gerade andere Aufgaben auf dem Schreibtisch liegen, dann tust du dir und deiner Karriere auf Dauer keinen Gefallen. Du solltest lernen, Grenzen zu setzen.
Darum solltest du im Beruf Nein sagen können:
- Du förderst deine Karriere, weil deine Arbeit an erster Stelle steht.
- Du bist weniger gestresst, überlastet und gefrustet.
- Du wirst seltener ausgenutzt.
- Du kannst dich besser durchsetzen.
- Du respektierst dich selbst und wirst von Kolleg:innen respektvoller behandelt.
- Selbstfürsorge steigert deine Laune, deine Gesundheit und dein Selbstwertgefühl.
Damit du ab sofort nicht mehr auf der Strecke bleibst, ist es wichtig, dass du Nein sagen lernst – ohne schlechtes Gewissen und der Angst vor den Konsequenzen.
Du bist neu im Büro? Lese hier, wie du die erste Woche im Job erfolgreich überstehst.
Nein sagen lernen: Mit diesen Übungen gelingt es dir
Seit frühester Kindheit verbinden wir mit dem Nein sagen Ablehnung, Streit und Enttäuschung. Kein Wunder also, dass es vielen von uns so schwerfällt anderen einen Gefallen abzuschlagen. Dabei ist es so wichtig, dass du Nein sagen kannst – im Beruf sowie Privat: Denn ein Nein ist ein Ja zu dir selbst.
Gehörst du auch zu denjenigen, die nicht gut Nein sagen können? Dann haben wir gute Nachrichten für dich: Du kannst dieses Verhaltensmuster durchbrechen, indem du es ganz bewusst übst. Du möchtest Nein sagen lernen? Diese fünf Tipps helfen dir dabei.
1. Tipp: Sag nicht direkt Ja
Wenn du dazu neigst, schnell Ja zu sagen, dann erbitte dir in Zukunft eine gewisse Bedenkzeit. So kannst du in Ruhe abwägen, ob du der Bitte nachkommen möchtest oder nicht. Bevor du dich überrumpeln lässt, könntest du zunächst wie folgt antworten:
- „Gib mir bitte etwas Zeit, um da noch einmal darüber nachzudenken. Ich melde mich.“
- „Das kann ich so schnell leider nicht entscheiden, ich melde mich morgen wieder bei dir.“
- „Ich sag dir später gern Bescheid, ob ich das übernehmen kann.“
Dieser Zeitpuffer gibt dir die Chance, dich und deine Arbeit wichtig zu nehmen: Hast du gerade überhaupt die Kapazitäten, eine weitere Aufgabe zu übernehmen? Was bleibt auf deinem Schreibtisch liegen, wenn du die Aufgabe annimmst? Wie aufwendig ist der Job? Würde der Kollege oder die Kollegin auch für dich einspringen? Nach reiflicher Überlegung kannst du dann eine Antwort geben, mit der auch du glücklich bist.
2. Tipp: Dein Nein begründen
Es kann helfen, wenn Du deinem Nein auch eine Begründung folgen lässt. Denn du fühlst dich vielleicht besser damit und dein Gegenüber kann nachvollziehen, warum du ablehnen musst. Vielleicht findet ihr daraufhin auch gemeinsam eine Lösung, um die Situation zu retten. Grundsätzlich bist du aber nicht verpflichtet, dein Nein zu begründen und dich in eine Rechtfertigung zu verstricken. Am besten entscheidest du das immer im Einzelfall.
3. Tipp: Mut zur Selbstreflexion
Warum hast du das Gefühl, du musst dieser Bitte nachgehen, obwohl du dafür eigentlich gar keine Zeit hast? Fühlst du dich geschmeichelt, weil du gefragt wurdest? Hast du Angst, dein Chef oder deine Chefin könnte von dir enttäuscht sein, wenn du ablehnst? Plagen dich Schuldgefühle, weil du jemanden hängen lässt?
Bedenke: Ein Nein wird nicht direkt dazu führen, dass du deinen Job verlierst oder das Arbeitsklima langfristig geschädigt wird. Die negativen Konsequenzen sind nicht so folgenschwer, wie du es dir vielleicht ausmalst.
4. Tipp: Nein sagen ohne Schuldgefühle
Empfindest du es als unhöflich, eine Absage zu erteilen? Plagt dich dann oft ein schlechtes Gewissen? Dann erlaube dir selbst auch mal ein Nein. Du bist nicht verpflichtet, immer und zu allem Ja zu sagen. Wenn du auf höfliche Weise absagst, dann sollte das auch respektiert werden. Reagiert dein Gegenüber gekränkt oder beleidigt auf deine Absage, dann ist das nicht deine Schuld.
5. Tipp: Steh zu deiner Entscheidung
Du hast Nein gesagt, aber dein Gegenüber lässt nicht locker und fragt erneut nach? Wir empfehlen dir, standhaft zu bleiben und von deinem Nein weiterhin nicht abzurücken. Wenn du jetzt einen Rückzieher machst, wirst du auch in Zukunft immer wieder überredet. Stress, Druck und Frust sind vorprogrammiert. Steh zu deiner Entscheidung – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ein fester, aufrechter Stand und ein erhobener Kopf signalisieren Selbstbewusstsein – und helfen dir dabei, dir selbst treu zu bleiben.
Nein sagen – die richtige Formulierung
Die Kunst-des-Neinsagens besteht darin, diplomatisch, freundlich und zugleich bestimmt zu bleiben. Denn mit den richtigen Worten kann der Bittsteller oder die Bittstellerin deine Absage wesentlich leichter annehmen und du kannst zudem Ärger mit den Kolleg:innen vermeiden. Um Nein zu sagen, kommt es also auf die richtige Formulierung an. Eine Studie der Oxford University[1] ist hier zu einem interessanten Ergebnis gekommen.
Anhand der Antworten „ich kann nicht“, „nein“ und „ich werde nicht“ wurde festgestellt, dass ein klares Nein am ehesten dazu führt, dass du standhaft in deiner Entscheidung bleibst. Auch ein „ich werde nicht“ unterstreicht deine klare Haltung.
Nein sagen im Beruf bedeutet also immer auch Klartext zu sprechen. Vermeide den Konjunktiv und verstricke dich nicht in Ausreden und Entschuldigungen.
Wie kann man höflich, nein sagen?
Du möchtest gern einen höflichen Ton anschlagen, damit deine Kolleg:innen nicht gekränkt oder beleidigt reagieren? Dieser Wunsch ist durchaus verständlich und ein freundlicher Umgangston im Büro sollte ohnehin immer gepflegt werden. Aber anstatt dich für ein Nein zu entschuldigen, solltest du wie bereits beschrieben deine Antwort eher begründen. So kann jeder nachvollziehen, warum du gerade nicht aushelfen kannst. Immer gut ist es, wenn du außerdem Verständnis für dein Gegenüber aufbringst. Etwa so:
„Ich verstehe dein Problem, ich werde aber hierfür leider keine Zeit aufbringen können.“
Wenn es sich für dich aber noch immer nicht richtig anfühlt, kannst du ebenso einen Alternativvorschlag machen:
„Die neue Aufgabe lässt sich zeitlich für mich nicht vereinbaren. In Zusammenarbeit mit einer weiteren Person, mit der ich mir die Tätigkeiten aufteilen kann, wäre es wiederum machbar.“
„Das neue Projekt klingt sehr spannend und ich nehme die Herausforderung gern an. Damit ich mich voll und ganz darauf konzentrieren kann, müsste ich allerdings ein anderes Projekt abgeben.“
„Diese Woche bin ich bereits mit anderen Aufgaben ausgelastet. Sehr gern können wir für nächste Woche einen Termin vereinbaren, da habe ich noch Kapazitäten dafür.“
Trotz aller Höflichkeit, Rücksichtnahme und Respekt, die du deinen Mitmenschen entgegenbringst, sollte dir eines klar sein: Ein Nein hört keiner gern – insbesondere dann nicht, wenn du bisher immer allem zugestimmt hast. Dann ist dein Umfeld eine Absage von dir nämlich nicht gewohnt. Daher musst du damit rechnen, dass Menschen zunächst vielleicht auch enttäuscht reagieren werden. Aber lass dich davon nicht entmutigen. Sie werden sich daran gewöhnen. Denke daran: Du darfst Nein sagen, ohne Schuldgefühle zu empfinden.
[1]Quelle: Journal of Consumer Research Volume 39
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